Post-Digitalisierung: Die Rolle Mensch in der digitalen Welt

„I Miss My Pre-Internet Brain.“

Dieser kultige Satz des kanadischen Schriftstellers Douglas Coupland ist wohl nur halb ironisch gemeint. Das spontane Schmunzeln macht schnell einer ernsten Miene Platz. Wem die Allgegenwart der digitalen Technik, ihrer Geräte und Inhalte schon immer ein bisschen unbehaglich war, der spürt es jetzt besonders deutlich: wir kommen nicht wieder dahinter zurück.

Die Story in den meisten Zukunftsszenarien geht von einer weiteren Digitalisierung in einem noch höheren Tempo aus. Die Welt löst sich in Nullen und Einsen auf und am Ende übernimmt die Künstliche Intelligenz.

Die Digitalisierung kostet uns einen Preis

Von der Markteinführung des ersten Mobiltelefons dauerte es zwölf Jahre, bis 50 Millionen Nutzer erreicht waren. Das Internet kam in nur sieben Jahren auf die gleiche Anzahl. Facebook erreichte bereits nach vier Jahren 50 Millionen Mitglieder, WeChat – das chinesische Whatsapp – nach einem einzigen.

Die Digitalisierung hat einen direkten Einfluss auf uns als Individuen, auf die Wirtschaft und auf die Gesellschaft. Das Internet, Social Media, Algorithmen, Fake News, Internet-Memes – die positiven und auch die negativen Auswirkungen sind bis in die entlegensten Winkel der Welt allgegenwärtig. Im Grunde genommen wissen wir auch, dass wir dafür einen Preis zahlen müssen – es ist nur noch nicht ganz klar in welcher Währung.

Bei aller Kritik: Kaum einer will mehr auf Digitalität verzichten

Wir denken schnell an Big Data, individuelle Daten-Durchsichtigkeit und Manipulierbarkeit, doch Couplands Satz lässt uns tiefgreifende Veränderungen der Synapsenschaltungen assoziieren. Ist unser Gehirn bereits dabei, sich zu reorganisieren?

Es gibt unzählige Beispiel für Digitalisierung, die dem Menschen dient: die Bedeutung der Digitalisierung für wirtschaftliche Entwicklungen und Wachstum, Innovationen erfolgen so schnell wie nie zuvor, im letzten Jahrzehnt war das Tempo der Digitalisierung der entscheidende Erfolgsfaktor. Niemand will mehr seine Bahn- oder Veranstaltungstickets telefonisch oder schriftlich kaufen. Wir alle freuen uns, wenn wir zeitnah erfahren, wer die neue Kanzlerin ist oder wie der neue Erdenbürger heißt. Der schnelle Zugang zu Informationen unterstützt und stärkt demokratische Bewegungen …

Digitalisierung – und was kommt danach?

Es ist keine Frage mehr, ob wir in einer digitalisierten und beschleunigten Welt leben, die Frage ist, was danach kommt. Nicholas Negroponte schreibt in Beyond Digital schon 1998: „Wie die Luft und das Wassertrinken wird Digitales nur durch seine Ab- und nicht Anwesenheit bemerkt werden… Aber die wirklich überraschenden Veränderungen werden woanders stattfinden, in unserer Lebensweise und wie wir zusammen uns auf diesem Planeten steuern.“

Organisationen, die ihre digitale Transformation abgeschlossen haben oder kurz davor stehen, suchen nach weiteren Möglichkeiten des Wachstums. Einige verändern dabei regelrecht die Funktionen und das Format des Marktes, weg vom Gesamtmarkt hin zu vielen Mikromärkten oder individuellen Märkten. Branchengrenzen fallen, jedes Unternehmen kann mit jedem anderen konkurrieren. Es entstehen immer neue Geschäftsmodelle, in denen die Unternehmen mehr und mehr in den Alltag der Menschen vordringen.

Post-Digitalismus heißt bewusste Indifferenz

Mir wird immer klarer, dass die Unternehmen sich nach wie vor den alten Fragen stellen müssen: wie vollzieht sich die Wert-Schöpfung? Was bringt Gewinn? Was bedeutet das für die Menschen – Mitarbeiter und Kunden? Wie sieht es aus mit Sicherheit, Privatsphäre und Ethik?

Vertreter der Postdigitalität, u.a. Matthias Horx vom Zukunftsinstitut, gehen davon aus, dass der Peak digital bereits überschritten ist. Ähnlich wie bei der Begriffskonstruktion post-materiell meint post-digital nicht eine Absage an alles Digitale bzw. Materielle, sondern eher eine bewusste Indifferenz. Es geht darum, sich nicht von der Digitalität gefangen nehmen zu lassen, sondern sie mit Selbstverständlichkeit und ohne Heilserwartungen zu nutzen.

Digitalisierung braucht menschliche Intelligenz

Wir von CONTRACT stellen von Anfang an den Menschen in den Mittelpunkt unserer Arbeit – sei es als Akteurin oder als Betroffener. In Digitalisierungsprozessen kommt es uns darauf an, dem Menschen eine gestaltende Rolle zu geben.

Keine noch so schlaue Künstliche Intelligenz kann – bis dato – die Menschheitsfragen zu Mobilität, Ernährung oder Territorialität beantworten. Tragfähige Antworten erfordern menschliche Entscheidungen, Entscheidungen durch Menschen, die Werte reflektieren und Prioritäten setzen können – außerhalb von reinem Optimierungsdenken.

Digitalisierung braucht Kultur- und Sozialtechniken

Postdigitalität bedeutet, der Digitalisierung den ihr angemessen Platz zu geben, um sie sinnvoll einsetzen und nutzen zu können. Weder ein digitaler Effizienzwahn noch eine Haltung, die den Menschen entmachtet, weil technologischer Fortschritt nicht zu steuern sei, bringen uns weiter. Es geht darum, in eine gemeinsame Verantwortung für die digitale Entwicklung zu gehen.

Menschgerechte Computer bauen – dafür ist Steve Jobs angetreten. Wir müssen jetzt die Kultur- und Sozialtechniken entwickeln, die den Menschen in die Lage versetzen, in einer digitalisierten Welt menschlich wirksam zu sein.

Birgit Nawrath

Beraterin, Trainerin und Coach.

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