Felix von Zittwitz, Geschäftsführer von Territory, im Interview über seine Philosophie zu New Work

Die Herausforderungen der VUKA-Welt erfordern ein Umdenken bei Unternehmen, wenn sie ihre Mitarbeiter binden und langfristig erfolgreich sein wollen. Felix von Zittwitz, Geschäftsführer des deutschlandweit einflussreichsten Ausbildungsportal ausbildung.de teilt im Interview mit unserer Expertin Gina Kaulen seine Gedanken und Erfahrungen zu New Work mit uns
Felix von Zittwitz (36) ist seit 2016 Geschäftsführer des deutschlandweit einflussreichsten Ausbildungsportal ausbildung.de. Leidenschaft und Überzeugung, gepaart mit einem enormen Erfahrungsschatz zu visionärem Unternehmertum haben maßgeblich zu seinem Entwicklungsweg beigetragen. Im Interview mit Gina Kaulen, Beraterin und Trainerin bei CONTRACT, teilt er seine Gedanken und Erfahrungen mit uns.

Gina:
Felix, als Unternehmer setzt du dich ständig mit den Trends der neuen Arbeitswelt auseinander. Welche grundlegenden Kriterien sind für dich wegweisend, wenn es darum geht, ein zukunftsfähiger Arbeitgeber zu sein?
Felix:
Bevor ich diese Frage beantworte, ist es mir wichtig zu betonen, dass wir bei diesem Thema von einer limitierten und privilegierten Unternehmersparte sprechen. Denken wir beispielsweise an Schichtarbeit oder Atomreaktorüberwachung, werden Überlegungen wie die zur Einführung von Homeoffice hinfällig. Zudem sind, wenn auch stellenweise ein anderer Eindruck entstehen mag, viele der New Work Trends noch nicht in der breiten Gesellschaft angekommen. Stattdessen schweben sie noch in der LinkedIn Bubble. Nichtsdestotrotz ist ein klarer Trend in Richtung New Work sichtbar.

Gina:
Welche Gegebenheiten treiben New Work voran?
Felix:
Eine entscheidende und gleichzeitig profane Komponente ist Demografie, denn hochqualifizierte Mitarbeiter*innen werden mehr und mehr zur Mangelwahre. Diese Situation verleiht Arbeitnehmer*innen eine indirekte Verhandlungsmacht. Wenn dann auch noch Ereignisse wie die Corona-Pandemie hinzukommen, ziehen Arbeitgeber, die z.B. weiterhin eine vor-Ort-Präsenz ihrer Mitarbeiter*innen einfordern, schnell den Kürzeren. Das Ziel sollte doch im Grunde sein, dass Arbeit gut ins Leben passt. So lautet zumindest meine Philosophie. Die Idee von einer Trennung zwischen den Welten Privatleben und Arbeit ist eine Illusion, denn beide Sphären überlappen sich gegenseitig, ob einem das nun gefällt oder nicht.

Gina:
Könntest du das noch etwas genauer erläutern?
Felix:
Der Tag hat für jeden Menschen nur 24 Stunden. Wenn ich beispielsweise Kinder habe, dann muss es praktikabel sein, den Kita-Weg in meinen Arbeitstag problemlos integrieren zu können. Warum sollte ich kompetenten Mitarbeiter*innen in ihrer Elternrolle das Leben schwer machen, indem ich ihnen die eigenverantwortliche Wahl des Arbeitsortes verwehre? Ich sehe Arbeit und Privatleben nicht strikt voneinander getrennt, beide Welten greifen ineinander und sollten demnach so kompatibel wie möglich sein. Arbeit ist im Idealfall ein positiver und bereichernder Teil des Lebens, der von der Auseinandersetzung mit spannenden Themen geprägt ist, wo ich coole Leute treffe und mich persönlich weiterentwickle. Das nenne und verstehe ich übrigens unter Work-Life-Integration.

»Ich wuesste nicht, warum Flexibilitaet als Mantra nicht funktionieren sollte.«

Credits: GRVBE – Fotografie


Gina:
Eine Work-Life-Integration ist also für dich das optimale Zielszenario. Was braucht es zu seiner erfolgreichen Umsetzung?
Felix:
Ein sehr grundsätzliches Thema ist die örtliche und zeitliche Flexibilität. Corona hat uns gezeigt, dass zumindest die örtliche Flexibilität in den meisten Fällen möglich ist. Hingegen ist die Zeitliche eher technikgetrieben. Das Optionsspektrum hat sich hier durch synchrone und asynchrone Kommunikation enorm erweitert. Beispielsweise kann ich ein Meeting virtuell einfach aufzeichnen lassen, wenn es zeitlich mal nicht passt.

Gina:
Das heißt, Arbeitnehmer*innen sollten über ihre Zeit komplett frei verfügen können?
Felix:
Nein, denn es gibt vorab getroffene Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber*in- und Nehmer*in zum Arbeitskontingent. Die Idee ist nicht, dass Vereinbarungen gebrochen werden, sondern vielmehr, dass Menschen in ihrer Selbststeuerung gestärkt werden, indem sie nach eigenem Ermessen ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten nachkommen. Dabei ist unerheblich, ob das am besten von zu Hause, aus dem Büro, oder dem Urlaubsort stattfindet.

Gina:
Welche Aspekte umreißt Flexibilität bzw. Flexibilisierung noch?
Felix:
Viel dreht sich um das „Drumherum“, also die Benefits des Arbeitsplatzes. Ein Beispiel: Ich kann als Arbeitgeber damit werben, als Mitarbeiter*in ein vergünstigtes Fitness Abo erwerben zu können. Wenn ich jedoch strikte Arbeitsbedingungen vorgebe, passiert es schnell, dass das Abo gar nicht zu seinem Nutzen kommt. Aus diesem Grund muss ich den Menschen durch Flexibilität meinerseits ermöglichen, dass Benefits gelebt werden können. Aber was als Benefit wahrgenommen wird, ist sehr divers. Für den einen ist es das besagte Fitness Abo, für die andere ist es das Jobrad, der Obstkorb oder Angebote zur psychischen bzw. mentalen Unterstützung am Arbeitsplatz. Meiner Ansicht nach zeichnet sich der Prototyp des Arbeitsgebers der Zukunft dadurch aus, dass er immer flexibler wird und auf die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter eingeht. Und eines möchte ich ergänzend noch klarstellen: Ich befürworte die freie Wahl des Arbeitsplatzes, bin jedoch kein Verfechter von „Remote Only“. Es bleibt für mich unbestritten, dass die physische Zusammenkunft von Teams eine sehr wertvolle und wichtige Qualität besitzt. Daher setze ich auf ein hybrides Modell, welches zu den jeweiligen Arbeitsanforderungen passt.

Gina:
So wie ich es von dir verstehe, ist Flexibilität ein Erfolgsfaktor für zukunftsfähige Arbeitgeber. Wenn du noch zwei weitere Faktoren nennen dürftest, welche wären das?
Felix:
Das Commitment des Top Managements und im nächsten Schritt die enge Einbindung der Führungskräfte. Im Kontext von New Work besteht die Frage, inwiefern es überhaupt noch klassischer Führung bedarf. Aber unter der Annahme, dass es sie noch gibt, stellen Führungskräfte natürlich Schlüsselrollen dar. Überall dort, wo letztendlich das Daily Business stattfindet, müssen gemeinsame Werte und ein gemeinsames Führungsverständnis vorhanden sein. Darum ist es so wichtig, den Wandel mit den Führungskräften gemeinsam zu erarbeiten. Dabei befinden sich die Führungskräfte in einem konstanten Spagat zwischen push und pull. Gebe ich, provokativ gesprochen, als wohlwollender „Diktator“ meinem Volk vor, was das Beste für sie ist, oder lasse ich den Dingen ihren Lauf? Übersetzen lässt sich das in: Wann ist der richtige Moment für feste Rahmenbedingungen und wann für Entwicklung visionärer Ideen? Eine wohletablierte Feedbackkultur kann rechtzeitig Hinweise geben.

Gina:
Obwohl deine Schilderungen sehr einleuchtend klingen, tun sich viele Unternehmen mit deren Umsetzung recht schwer. Welche Gründe hat das?
Felix:
Ich denke, dass Glaubenssätze à la: „Nur wenn ich meine Mitarbeiter*innen hinter ihrem Schreibtisch sitzen sehe, arbeiten sie produktiv.“ , ein großer negativer Einflussfaktor sind. Zudem besitzt New Work eine hohe Veränderungsdynamik, ist komplex und trägt zusätzlich noch die Technologiekomponente. Das macht eine zeitgemäße Umsetzung so herausfordernd.

Gina:
Wie verstehst du diese Komplexität?
Felix:
Menschen sind in sich komplex und arbeiten darüber hinaus in komplexen Systemen. Möchte ich im Homeoffice arbeiten, dann muss die IT funktionieren, Teamprozesse und Kommunikation verändern sich, Motivation und das Gefühl von Gerechtigkeit werden beeinflusst und noch vieles mehr. Es sind unglaublich viele Themen, die auf einmal auf dich einbrechen und die navigiert werden müssen.
Ich verstehe, warum manche dieses Brett nicht wirklich in der Tiefe durchbohren wollen, weil sich die Frage stellt, wenn man einmal anfängt, wo hört man dann auf? Dennoch glaube ich, dass es sich lohnt anzufangen. Alle Change Prozesse sind eine Reise. Wenn man beginnt, wird man besser sein als zuvor.
Vielen Dank Felix für das spannende Gespräch!

Gina Kaulen

Beraterin, Trainerin und Coach.

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